Norddeutsche Rundschau 05.06.2010
Vertreter der unterschiedlichen Interessengruppen demonstrieren großes Interesse am neuen Schulkonzept der Julianka-Schule Foto: Westphal
Heiligenstedten
Dieses Konzept ist kein Versuch, sondern eine Antwort!“, unterstreicht Schulentwicklerin Claudia Fuchs an diesem späten Nachmittag ein ums andere Mal. Gemeint ist das neue Schulkonzept der Julianka-Schule Heiligenstedten, das Vertreter des Schulträgers, der Agentur für Arbeit und der Landtagsabgeordnete Hans-Jörn Arp diskutierten. Zukünftig sollen Schüler ab der fünften Klasse berufsorientiert und in regionalen Wirtschaftsunternehmen ausgebildet werden. Verteilt auf vier Wochentage würden alle vorgegebenen Fächer unterrichtet, naturwissenschaftliche und weltkundliche Inhalte in fächerübergreifendem Projektunterricht. An einem Tag in der Woche soll es den Werkstatttag geben. Holzwerkstatt, Hauswirtschaft, Textilwerkstatt, Hauswirtschaft, Textilwerkstatt, Metallwerkstatt, Schulgarten, Computerwerkstatt – die Ideen und Möglichkeiten, Schüler in schuleigenen Werkstätten praktisch zu fördern sind vielfältig. Dazu kommt der Austausch mit örtlichen Betrieben – vom Handwerksbetrieb über den Landwirt bis zum Imker – und der BiBeKu (Gesellschaft für Bildung Beruf Kultur mbH) Oelixdorf.
Ein Konzept, das nach Ansicht der Beteiligten eine Antwort auf aktuelle Problemlagen wie immer weniger ausbildungsfähige Jugendliche oder den drohenden Fachkräftemangel bietet. Ein tragfähiges Konzept, denn durch die enge Vernetzung mit der regionalen Wirtschaft, dem Rotary-Club, dem Schulträger und vielen Partnern mehr könnten die Schüler kostenneutral ausgebildet werden. Ein Konzept, das von engagierten und qualifizierten Lehrern getragen wird. Also genau der richtige Moment, um solch einen Schulversuch zu starten, sagt Fuchs. Alle glücklichen Umstände träfen zusammen, und alle würden gewinnen.
Trotz dieser vielen innovativen Ideen, sich bietenden Chancen und bereits vorhandenen Verknüpfungen ist die Schule mit ihrem Konzept beim Bildungsministerium erst einmal abgeblitzt. Die Möglichkeit eines Schulversuches gäbe es nicht, trotz seiner Verankerung im Schulgesetz. Auch: Der Schulstandort wäre zu klein. Aber gerade der Standort wäre der Vorteil von Julianka, betont Volker Tüxen vom Amt Itzehoe-Land und Vertreter des Schulträgers. Genau hier befänden sich die Personen, mit denen so ein Versuch steht und fällt. Seit Langem bestünden intensive Kontakte zu regionalen Wirtschaftsunternehmen wie Pohl-Boskamp. Die intensive praktische Arbeit mit den Hauptschülern in der Vergangenheit hätte zu einer großen Akzeptanz und hohen Vermittlungsrate der Jugendlichen in den Beruf geführt. Etwas, das Lothar Schramm von der BiBeKu, mit der die Schule ebenfalls lange zusammenarbeitet, nur bestätigen konnte: „In Heiligenstedten findet schon statt, worüber woanders geredet wird.“ Mit dem neuen Konzept würde man noch einen Schritt weiter gehen.
Arp ist das Problem bekannt: Schulen an denen 85 % der Schüler nicht vermittelt werden könnten, weil sie nicht rechtzeitig an die Wirtschaft herangeführt wurden. Bei aller Skepsis gerade jetzt mit einem weiteren Schulversuchsmodell auf die politischen Entscheidungsträger zuzugehen, versprach er, sich für einen Termin mit dem Staatssekretär einzusetzen. „Wir werden kämpfen“, sagt Tüxen: für eine schulische Bildung, die zur Ausbildung werden kann, frühzeitig das Potenzial des Kindes erkennt und berufsorientiert fördert. Für mehr Chancen in der Region. Für den Schulstandort. Für eine neue Schulform.
bwe