Erste Schnelltests an Grundschulen

Viertklässler der Julianka-Schule Heiligenstedten starten mit regelmäßigen und anlasslosen Corona-Tests

Sönke Rother Für die Kinder ist es ein riesiger Spaß, von Nervosität oder gar Angst keine Spur. Kein Wunder: Wann dürfen Kinder mal nach Herzenslust so richtig popeln? Georg Hillebrand, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Itzehoe, und Catrin Tzaribachev, die gemeinsam mit Sonja Wilke das Gesundheitsamt des Kreises Steinburg leitet, haben ebenfalls viel Freude dabei, den Viertklässlern der Julianka-Schule in Heiligenstedten den richtigen Umgang mit dem Antigen-Schnelltest zu erklären. Der Hintergrund ist weniger spaßig: Die Corona-Pandemie blockiert das gesellschaftliche Leben.

Schulen müssen wieder öffnen, fordern Eltern, Lehrer und nicht zuletzt die Politik. Selbst die meisten Kinder sehnen sich danach, zur Normalität zurückkehren zu können und ihre Mitschüler wiederzusehen. Angesichts der Corona-Pandemie bleibt die große Frage nach dem Wie. Denn auch wenn bei Kindern das Risiko eines schweren Verlaufs einer Covid-19-Erkrankung als gering gilt, können sie durchaus Überträger sein. „Lange haben die Experten behauptet, Schulen seien keine Hotspots für die Verbreitung von Corona. Das ist Quatsch“, stellt Hillebrand klar. Um die Pandemie zu bremsen, gilt die Nachverfolgung als probates Mittel.
Und da könnten regelmäßige Schnelltests eine deutliche Verbesserung bringen. Zumal die Testverfahren in den vergangenen Wochen immer einfacher geworden sind. Neben dem zum Teil schmerzhaften Nasenabstrich, bei dem das Teststäbchen weit eingeführt werden muss, und dem Rachenabstrich, der ganz hinten erfolgt, gibt es inzwischen auch im wahren Wortsinn kinderleichte Tests, wie die Mädchen und Jungen in Heiligenstedten beweisen.

Tzaribachev und Hillebrand erklären viel und verteilen kleine Plastikstäbchen mit Wattespitze. „Und jetzt dürft ihr damit richtig schön vorne in der Nase popeln“, sagt Hillebrand. Er nimmt seine Maske ab und macht es den Kindern vor. Jonah macht es nach, zieht die Nase kraus und muss niesen. „Es tut nicht weh, aber es kitzelt“, erklärt der Zehnjährige. Aber vielleicht kribbelt es bald auch nicht einmal mehr. „Es gibt inzwischen sogar einen Spucktest, bei dem nur noch in einen Behälter gespuckt wird, und einen Test, bei dem zwei Minuten auf einer Art Test-Lolli gekaut werden muss“, berichtet Tzaribachev. Das könnte in den nächsten Wochen noch mehr Erleichterung bei den Tests an Schulen und auch Kindergärten bringen, so die Kinderärztin.

Für Jonahs Mutter, die Elternvertreterin Jacqueline Schwertfeger, ist es „okay, dass die Tests gemacht werden“. Die Kinder bekämen schon viel mit, und so werde das Thema Corona für sie greifbarer. „Aber ich bin froh, dass es der Popeltest ist, der nicht schmerzhaft und unangenehm ist.“ Nicht alle Eltern stehen Corona-Tests so offen gegenüber. Daher dient das Pilotprojekt in Heiligenstedten nicht nur dazu, um herauszufinden, ob die Kinder den Test auch zuverlässig selbst ausführen können. Auch die Akzeptanz steht dabei auf dem Prüfstand. Wobei die Eltern in Heiligenstedten den Test durchweg positiv gegenüberstanden, wie Sonja Wilke betont.
Allerdings stehen sogar Fachverbände wie der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte und die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie den Tests in Schulen teils negativ gegenüber. Sie weisen auf die Gefahr von falsch negativen und falsch positiven Tests hin. Bei falsch-positiven Anzeigen könnten Ängste entstehen, falsch-negative Ergebnisse zu trügerischer Sicherheit führen. Eine Gefahr, die Georg Hillebrand so nicht sieht. „Natürlich ist kein Test zu 100 Prozent sicher, aber die Fehlerquote ist sehr gering.“ An die Schüler gerichtet erklärt er: „Ihr braucht wirklich keine Angst zu haben. Aber ihr dürft auch bei negativen Tests nicht die Sorgfalt sein lassen. Alle Hygieneregeln gelten weiter, das ist wichtig.“

An diesem Tag wird niemand positiv getestet. Auf allen Plättchen ist nur ein Strich zu sehen. Auch Jonah ist dann doch ein bisschen erleichtert. E kann sich gut vorstellen, die Tests regelmäßig zu machen. „Ein- bis zweimal in der Woche wäre gut“, so Catrin Tzaribachev. Dann werde man die Entwicklung verfolgen. „Es wäre super, wenn wir in den nächsten sechs, sieben Wochen so weit wären, dass alle Schüler an allen Grundschulen im Kreis regelmäßig getestet werden könnten“, wünscht sich Hillebrand.
Dafür müssten noch ein paar Weichen gestellt werden. Sechs Euro kostet der Schnelltest derzeit. Eine Menge Geld, wenn alle 4634 Grundschüler der 25 Grundschulen, später vielleicht sogar alle rund 15.000 Schüler im Kreis Steinburg regelmäßig bis zu zweimal in der Woche getestet werden sollen. Da ginge es um wöchentliche Ausgaben zwischen 55.000 Euro nur für die Grundschulen bis zu 180.000 Euro für alle Schüler. Aber Landrat Torsten Wendt und Reinhold Wenzlaff, der als Vorsteher des Zweckverbands Klinikum in Heiligenstedten dabei war, sind sicher, dass es vom Kreistag grünes Licht geben würde. Den Auftakt streckt das Klinikum vor. „Vielleicht gibt es später ja auch Geld vom Land“, hofft Wenzlaff.